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'News' aus der Abteilung

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Erklärung zur Hochschulreform

Erklärung der Fachschaft Geschichte und der Fachschaft Anglo-Amerikanische Geschichte /North American Studies im Rahmen der Diskussion über die Hochschulreformen und zur Solidarisierung mit dem Mittelbau

Auch wenn sich die Fachschaft Geschichte und Fachschaft Anglo-Amerikanische Geschichte / North American Studies, als gewählte Vertreter der Studierendenschaft, nicht aktiv an dem Bundesweiten Bildungsstreik im vergangenen November und Dezember beteiligt haben, bedeutet dies nicht, dass wir uns nicht mit den Hochschulreformen und ihren Auswirkungen beschäftigen würden. Das zu diesem Thema veröffentlichte Positionspapier des Mittelbaus der Historischen Seminare der Universität zu Köln möchten wir nun zum Anlass nehmen, um unsere Solidarität mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Historischen Seminare zu erklären und studentische Kritik an den Hochschulreformen hervorzubringen. Eine ganze Reihe der Befürchtungen, die im Rahmen der Studierendenproteste vorgebracht wurden, haben sich leider bewahrheitet.

Ebenso wie der Mittelbau stehen auch wir den politischen Bestrebungen hin zu Exzellenzuniversitäten, Exzellenzclustern, Leuchtturmprojekten und Ähnlichem äußerst skeptisch gegenüber. Unsere große Befürchtung ist, dass eine Fokussierung der professoralen Arbeit auf die Forschung im Gegenzug eine Vernachlässigung der Lehre zur Folge hat. Für Studierende ist Kontakt zu Lehrenden ein zentraler Aspekt des Studiums und die Verbindung von Forschung und Lehre bieten auch den Studierenden direkte Vorteile. Insbesondere Seminare, die auf aktuellen Projekten der Lehrenden basieren, geben Studierenden – im Gegensatz zur Lehrform in Schulen – die Möglichkeit, sich selbst an der aktuellen Forschung zu beteiligen, in dem sie den Projekten eigene Impulse geben können. Gleichzeitig bekommen sie wissenschaftliches Arbeiten auf hohem Niveau veranschaulicht und erhalten so die Möglichkeit, dieses auf sich selbst übertragen zu können. Eine weitgehende Trennung von Forschung und Lehre wäre aus unserer Sicht nicht die Errichtung eines Leucht- sondern die eines Elfenbeinturmes. Dies bedeutet auch, dass Kurrikula nicht eng abgesteckt werden dürfen, um diese wichtigen Pfeiler des Studiums nicht zu gefährden.

Ein weiterer Aspekt der Hochschulreformen, den die beiden unterzeichnenden Fachschaften ablehnen, ist die Neuordnung der Finanzierung des Hochschulwesens. Studiengebühren lehnen wir grundsätzlich ab. Es kann keine sozialverträglichen Studiengebühren geben und Informationen zu den angekündigten Stipendiensystemen sind bei der Studierendenschaft bisher noch nicht angekommen. Darüber hinaus sehen wir in der Ökonomisierung – durch die steigende Bedeutung des Drittmittelerwerbs ebenso wie durch den neu geschaffenen Hochschulrat (man bedenke seine Besetzung!) – einen Faktor, der es privatwirtschaftlichen Unternehmen erlaubt, Einfluss auf die Universität zu nehmen und deren Freiheit zu gefährden. In diesem Rahmen lehnten wir auch sogenannte Hochschul-Rankings strikt ab. Nicht die Bewertungskriterien von externen Beobachtern, sondern die Wünsche und Bedürfnisse der Lehrenden, Studierenden und Mitarbeiter müssen Grundlagen für die Arbeit der Universität, der Fakultäten und Institute und insbesondere der Lehre sein!

In diesem Rahmen möchten wir auch auf die Verschlechterung der Studienbedingungen seit Beginn der Hochschulreformen hinweisen: Auf der einen Seite führen Studiengebühren und die häufig damit verbundene Notwendigkeit eines Nebenjobs, die zunehmende Anwesenheitspflicht, die hohe Dichte an Prüfungen, die normative Regelstudienzeit und strengen Kriterien für BAföG-Empfänger zu einer hohen zeitlichen und psychologischen Belastung, während auf der anderen Seite der Einsatz von Studiengebühren eigentlich keine spürbaren Verbesserungen für Studierende gebracht hat. Viele Seminare – insbesondere Haupt- und Aufbauseminare – sind so stark besucht, dass ein ordentlicher Seminarablauf kaum gewährleistet werden kann. Darüber hinaus gibt es am Historischen Seminar mit der Form des Aufbauseminars einen Seminartypen, der von so unterschiedlichen Gruppen von Studierenden – vom B.A. im dritten Semester bis Magister und M.A. kurz vor ihrem Examen sind alle anzutreffen – besucht wird, dass sich die jeweiligen Bedürfnisse so weit widersprechen, dass es für die Seminarleiter sehr schwer ist, allen zu genügen. Auch die Studienbedingungen außerhalb von Seminaren und Vorlesungen bereiten den Studierenden in vielerlei Hinsicht Probleme: In einigen Seminarbibliotheken gibt es besonders während Prüfungsphasen nicht ausreichend Arbeitsplätze. Insbesondere computertaugliche Arbeitsplätze mit Steckdosen, Internetbuchsen und der Möglichkeit Laptops sicher festzuschließen. Schwerwiegend ist auch das Fehlen von Gruppenarbeitsplätzen: Durch die Größe der Seminare ist es häufig erforderlich, dass Studierende in Gruppen Themen bearbeiten, dazu allerdings keine Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden und die Studierenden sich so auslagern müssen.

Um die Studienbedingungen zu verbessern, fordern wir daher die Abschaffung der Studiengebühren, da diese enorme und folgenreiche finanzielle Belastung kaum studientechnische Erleichterung bringt. Die so anfallenden Defizite sollten unserer Meinung nach wieder von denen getragen werden, die in Wahlprogrammen von „Investitionen in die Bildung“ sprachen und sprechen. Des Weiteren fordern wir die Abschaffung von Anwesenheitskontrollen, für alle Veranstaltungen, in denen kein Leitungsnachweis erworben wird. Anwesenheitskontrollen sind dadurch obsolet, dass das zu erwerbende Wissen in Prüfungen, wie bspw. Modulabschlussprüfungen oder Magisterprüfungen, abgefragt wird und somit nachträglich geprüft wird, ob Studierende den Inhalt der Veranstaltungen im Gedächtnis behalten haben. Als Mittel der Überprüfung halten wir Klausuren, die aus einer Vielzahl von kurz oder per Multiple-Choice zu beantworteten Fragen äußerst ungeeignet. Diese Art der Klausur führt häufig zu einem simplen Auswendiglernen, ohne dass das erworbene Wissen langfristig gespeichert werden kann. Als Alternative sind dagegen Klausuren mit wenigen frei zu beantwortenden Essay-Fragen wesentlich besser geeignet, da diese sowohl ein freieres Lernen erfordern, als auch dazu führen, dass selbstständig Schlussfolgerungen gezogen werden können.

Uns ist bewusst, dass sich diese Forderungen und Ablehnungen in äußerst unterschiedliche Zuständigkeitsbereiche fallen – teilweise von mehreren Zuständigkeiten betroffen sind. Ebenso wie die Lehrenden des Historischen Seminars fordern auch wir breite gesellschaftliche Debatten und ein grundsätzliches Umdenken. Darüber hinaus fordern wir aber auch Veränderungen im kleineren. Wir sind überzeugt davon, dass es den Professoren, Lehrenden und Studierenden in einem gemeinsamen Dialog möglich ist, einige der im Rahmen der Hochschulreformen entstandenen Probleme anzugehen und so die Studien-, Lehrund Forschungssituation am Historischen Seminar zu verbessern.

Köln, im Januar 2010

Die Fachschaft Geschichte Die Fachschaft Anglo-Amerikanische Geschichte / North American Studies

 

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